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Südamerika

Brasilien will den Platz am Tisch der Macht

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Brasilien ist so riesig, dass man an seinem östlichsten Punkt Afrika näher ist als der eigenen Westgrenze. Das Land ist fast so groß wie ganz Europa, es ist reich an Rohstoffen und ernährt mit seinen Produkten ein Zehntel der Weltbevölkerung! Nach den wirtschaftlich turbulenten und von Korruption und Misswirtschaft geprägten 2010er-Jahren, die in Jair Bolsonaros Abschottungspolitik gipfelten, hat Brasilien wieder Schwung und neue Stabilität gefunden. Am südamerikanischen Kontinent ist man die klare Nummer eins. Das zeigt sich etwa, wenn die geopolitischen Abenteuer des venezolanischen Machthabers Nicolás Maduro, der einen Teil des Nachbarlandes Guyana annektieren wollte, in die Schranken gewiesen werden. Nach dessen gefälschter Wiederwahl 2024 forderte Brasilien am lautesten Neuwahlen.

Die Spitzenrolle in Südamerika ist Brasilien aber nicht genug. Unter dem neuen und alten Präsidenten Lula da Silva fand Brasilien zurück zu jener diplomatischen Stärke, die es in seinen ersten beiden Amtszeiten (2003-2011) schon einmal besaß. In diese Zeit fiel mit der Gründung der Brics-Gruppe, dem wirtschaftspolitischen Zusammenschluss Brasiliens mit Russland, Indien, China und später Südafrika, sein geopolitisch spektakulärstes Manöver. Die Brics sind mit Jahresbeginn um Ägypten, Äthiopien, den Iran und die Vereinigten Arabischen Emirate zu den “Brics plus” angewachsen und werden zusehends zu einem Gegenspieler der G7. Das ist die Gruppe der sieben westlichen Industrienationen, aus der Russland ausgeschlossen wurde. 

Brasilien besitzt aber nicht nur eine gewichtige Stimme innerhalb der Brics, deren Vorsitz es 2025 wieder übernehmen wird. Aktuell leitet es auch die G20, den Zusammenschluss der 19 global wichtigsten Industrienationen sowie der Europäischen und der Afrikanischen Union. Darüber hinaus wird das brasilianische Belém im kommenden Jahr auch die COP30, also die 30. UN-Klimakonferenz, ausrichten. Während im letzten Jahr die zweijährige Amtszeit Brasiliens als nicht-ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat endete. In wenigen Jahren vereint(e) Brasilien also geballte multilaterale Macht auf sich. Und genau das ist Lulas Ziel: eine Welt, in der viel mehr Staaten etwas zu sagen haben und die globale Macht breiter verteilt ist. Deshalb setzte sich Brasília schon öfter für eine Reform und eine Vergrößerung des UN-Sicherheitsrates ein, der seit 1945 nur fünf permanente Mitglieder (P5) hat. Immerhin kann jeder Staar mit seinen Vetos das wichtigste Entscheidungsorgan der Weltgemeinschaft regelmäßig lähmen.

Vielleicht will es sich Brasilien auch deshalb mit niemandem der “Großen” verscherzen. Die USA sind der historisch wichtigste Partner, mit dem man zuletzt vor allem in Fragen der Arbeiterrechte und im Klima- und Umweltschutz Initiativen vorantrieb. China hat die USA als den größten Handelspartner abgelöst. Peking holt sich in Brasilien Eisenerz, Soja und Fleisch und ist für ein Drittel der brasilianischen Exporte verantwortlich. Die Landwirtschaft wäre in Brasilien aber nicht so ertragreich, würde man aus Russland nicht ein Drittel des benötigten Stickstoffdüngers importieren. Lulas Friedensbemühungen in der Ukraine und die Ablehnung von Waffenexporten dorthin sind neben seinem linkspazifistischen Selbstverständnis also auch unter dem wirtschaftlichen Aspekt zu sehen. In wirtschafts- bzw. finanzpolitischen Fragen kritisiert Lula immer wieder den internationalen Währungsfonds und die Vormachtstellung des US-Dollars. In seinen Brics-plus-Partnern findet er gleichgesinnte Unterstützer, die diese Meinung teilen und, wie er, mehr Stühle an die weltpolitischen Entscheidungstische heranrücken wollen.

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