Zum Inhalt springen

Pazifik

Chinafreundliche Staaten hinter den US-amerikanischen Defensivlinien

Von

Artikel teilen

Im internationalen Großmächtepoker schlägt oft auch die Stunde der kleinsten Staaten. Vor allem dann, wenn sich zwei Mächtige um die Vormachtstellung in einer Region duellieren. Das war im Kalten Krieg so, als gewiefte Staatenlenker der Sowjetunion oder den Vereinigten Staaten so manches Zuckerl entlockten. Und es ist momentan im Pazifik wieder so, wenn die Volksrepublik China und die USA wechselseitig ihre Taschen öffnen und die Inselstaaten mit Investitionsgeschenken oder Sicherheitsgarantien übersäen. Und so kann es sein, dass plötzlich eine Parlamentswahl auf den Salomonen ins Interesse der Weltöffentlichkeit rückt.

Aber der Reihe nach: Ein gutes Indiz dafür, ob sich ein Staat näher an Washington oder Peking sieht, ist dessen Beziehungsstatus mit Taiwan (Republik China). Führt man noch (in)offizielle Beziehungen zu Taiwan, ist man eher dem Westen und den USA nahe. Hat man die Beziehungen zu Taipeh in den vergangenen Jahren abgebrochen, geschah dies oft unter wirtschaftlichem Druck Chinas, das seinerseits mehr oder weniger unverblümt über eine Invasion der Insel nachdenkt. China arbeitet aber nicht nur mit der Peitsche, sondern lockt eben oft auch mit Zuckerbrot. Mit Kiribati, Nauru und den Salomonen konnten in den letzten fünf Jahren die Hälfte aller Pazifikstaaten mit einem Sitz in der Uno dem Ruf Pekings nicht länger widerstehen. Die USA und seine Alliierten schreckten 2022 besonders auf, als drei Jahre nach dem “Wechsel” der Salomonen bekannt wurde, dass auch ein geheimer Sicherheitsdeal mit Peking unterzeichnet wurde.

Manasseh Sogavare, der zwischen 2000 und 2024 insgesamt viermal Premierminister der Salomonen war, ist das Symbol der Hinwendung in Richtung China. Bis heute halten sich hartnäckig Gerüchte, wonach er sich durch den Deal persönlich bereichert habe – auch weil Recherchen erhebliche Zweifel aufwarfen, wie Sogavare mit seinem recht geringen Einkommen sich plötzlich den Bau von acht (!) Häusern finanzieren konnte. Die breite Bevölkerung profitierte abseits von einem neuen nationalen Sportstadion – finanziert durch Peking – bisher jedoch kaum vom Wechsel. Besonders in der bevölkerungsreichsten und gleichzeitig ärmsten Provinz Malaita, welche historisch gute Beziehungen zu Taiwan pflegt, regte sich seither Widerstand. Der Unmut der Bevölkerung schlug sich bei den Wahlen im April 2024 in einem schwachen Wahlresultat für die Regierungspartei nieder, weshalb sich Sogavare nicht mehr zur Wahl des Premiers stellte. Sein bisheriger Außenminister, Jerimiah Manele, konnte im zerklüfteten Parlament jedoch eine Mehrheit hinter sich vereinen und wird das Land künftig anführen. Er ist ebenfalls von der Regierungspartei. Auch er gilt als chinafreundlich, hat jedoch auch angekündigt, allen Partnern mit offenen Armen zu begegnen.

Die USA hatten mit ihren engen Alliierten aus der Region, mit Australien, Neuseeland, Japan, Indien, Südkorea und den Philippinen jedoch auf einen Sieg eines dezidiert pro-amerikanischeren Kandidaten gehofft. Nicht zuletzt weil in Washington immer noch viele der Inselketten-Strategie anhängen. Diese galt einst einer strategischen Eindämmung der Sowjetunion, findet seit dem Zusammenbruch dieser aber vor allem Anwendung auf China, um den neuen großen Rivalen möglichst in Schach zu halten. Wenn sich mit Nauru, Kiribati und den Salomonen nun schon drei chinafreundliche Staaten zwischen der zweiten und dritten Inselkette, der Verteidigungslinie der USA breitmachen, steigt in Washington die Nervosität.

Neueste Artikel

Wohin geht die Reise?

Ein schneller Deal für den Weltfrieden? So viele Waffen, dass Putin einen Rückzieher macht? Eine weitere Eskalation in Nahost? Der Ausgang der US-Wahlen wird geopolitisch spürbar sein.

Bereitet sich Pjöngjang auf einen Krieg vor?

Das totalitäre Regime von Kim Jong-un verabschiedet sich von einer Normalisierung mit den USA und der Idee der Wiedervereinigung mit dem Süden. Russland unterstützt es sogar mit Soldaten bei dessen Ukraine-Feldzug.

Marokko will den Atlantik erobern

Das Königreich in Nordwestafrika schmiedet mächtige Allianzen und will den Staaten der Sahelzone einen Zugang zum Meer ermöglichen. Während sich Nachbar Algerien zusehends abschottet, öffnet sich Marokko, diversifiziert seine Wirtschaft und baut seine Macht aus.