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Es könnte eine Zusammenarbeit zum Nutzen aller beteiligten Länder sein: Dank chinesischer Investitionen holt Niger seine Bodenschätze aus der Erde und exportiert sie über Benins Häfen nach China. Peking kann so seinen Energiehunger stillen, Niger seine Wirtschaft fördern und Benin als Transitland kräftig mitkassieren. Doch immer wieder funkt die Geopolitik dazwischen!
Für die notwendige Infrastruktur sorgten chinesische Firmen. Die China National Petroleum Company (CNPC) konnte im Frühjahr eine fast 2.000 Kilometer lange Ölpipeline einweihen, die das Agadem-Ölfeld im Südosten Nigers mit dem Tiefseehafen Sèmè Kraké bei Porto-Novo in Benin verbindet. Mit der Pipeline sollte auch die tägliche Fördermenge von 20.000 Barrel auf bis zu 110.000 vervielfacht werden. Bereits kurz nachdem die ersten Tropfen Öl flossen, musste China jedoch vermitteln.
Infolge der Interventionsdrohung der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas nach dem Militärputsch in Niger im Juli 2023 war nämlich ein handfester Grenzstreit mit Benin entbrannt. Vor allem dessen Präsident Patrice Talon hatte lautstark eine Intervention der Ecowas gefordert. Niger, das nach dem Putsch französische Soldaten aus dem Land geworfen, US-Drohnenbasen geschlossen und sich Russland angenähert hatte, öffnete seine Grenze zu Benin auch dann nicht, als die Sanktionen der Ecowas-Staaten nach fast einem Jahr Militärherrschaft gelockert wurden. Auch als Benin seine Seite der Grenze wieder aufmachte, blieb diese auf nigrischer Seite, aus Angst vor einem militärischen Eingreifen der Nachbarn mit französischer Hilfe, zu.
Die geschlossene Grenze schmerzte beiden Seiten gleichermaßen. Im Binnenstaat Benin brach der Export ein, da Alternativrouten deutlich umständlicher und deutlich weniger sicher sind. Für Benin blieben tägliche Transitgebühren in Höhe von rund 6,5 Millionen Euro aus, dazu stiegen die Lebensmittelpreise, was die Proteste gegen die Militärjunta im Nachbarland, aber auch jene gegen die eigene Regierung anheizte. China rief zur Diplomatie auf. Das Land, welches zu beiden Seiten gute Wirtschaftsbeziehungen pflegt, konnte im Mai selbst vermitteln und seine Rolle als Brückenbauer in Afrika stärken.
Doch der wirtschaftliche Frieden hielt nicht lange. Nachdem Benin Mitte Juni in seinem Hafen drei nigrische Ölarbeiter verhaftet hatte, denen die Manipulation von Computerdaten vorgeworfen wird, drehte Niger den Ölhahn erneut zu. Vorwürfe des Öldiebstahls wurden laut. Hinzu kam, dass Rebellen der Patriotischen Befreiungsfront, welche für die Wiedereinsetzung des gestürzten Präsidenten Mohamed Bazoum kämpfen, ein Stück der Pipeline nachhaltig beschädigten. Sie drohten, ihre Attacken fortzusetzen, bis China seinen rund 340 Millionen Euro schweren Kredit an die nigrische Militärjunta kündigt. Bleibt die Frage, ob China erneut vermitteln kann, oder ob die Geopolitik der Wirtschaft einen Strich durch die Rechnung macht.