Am 22. Mai 2023, ungefähr um 6 Uhr morgens, begannen die Kämpfe an der russisch-ukrainischen Grenze zwischen dem russischen Belgorod und dem ukrainischen Charkiw. Hunderte bewaffnete Menschen attackieren erst den Übergang zur Grenze und später die russische Grenzstadt Gaivoron. In ein paar Stunden erfährt die Ukraine und auch die restliche Welt von der Existenz russischer Kämpfer des Russischen Freiwilligenkorps (RFK) und der Legion Freiheit Russlands. In Ihrem offiziellen Telegram-Channel behauptet die RFK, sie “werden nach Hause zurückkehren, um die Diktatur des Kreml zu beenden”. Oleksiy Baranovskiy,Vertreter des politischen Zentrums der Putin-Opposition, berichtet der Katapult Ukraine nach Kontakt zu der alliierten-unterstützten Legion Freiheit Russlands, dass sich am 22. Mai fünf Bataillone bewaffnete Bürger:innen auf russischem Gebiet versammelten. Eine Divison besteht aus ungefähr 400-800 Personen. So kamen im Mai demnach mindestens 20.000 bewaffnete russische Einwohnende nach Oblast Belgorod. Die  Legion Freiheit Russlands und das RFK seien laut Baranovskiy prinzipiell Teil des ukrainischen Militärs. Sobald sie sich in der Ukraine befinden, gehen die Kampfeinsätze dort weiter. Dabei unterstehen sie der militärischen Führung durch die Streitkräfte der Ukraine. “Wenn unsere Kämpfer Urlaub haben, fahren sie nach Hause nach Russland. In dieser Zeit unterstehen wir der ukrainischen Militärführung nicht. Fälle, wie in Oblast Belgorod, werden demnächst auch in anderen Grenzregionen vorkommen und sind interne russische Angelegenheiten”, führt Oleksiy weiter aus. Eine der militärischen Aufgaben der Operation besteht darin, die Aufmerksamkeit russischer Truppen auf die Befreiung ukrainischer Frontabschnitte zu lenken. Oleksiy geht aufgrund der „Sensibilität der militärischen Informationen“ nicht näher darauf ein. Baranovskiy geht weiterhin davon aus, dass die Ereignisse in Belgorod der Beginn eines bewaffneten Aufstands in Russland gegen das Putin-Regime sein könnten. Die Hochphase könnte während der Befreiung der Halbinsel Krym durch die Streitkräfte der Ukraine eintreten. Dann planen die russischen Rebellen, nach Moskau zu gehen. “Es ist die beste Zeit für den Sturz des Putin-Regimes. Durch die Befreiung der Krym wird Russland aufgrund interner Zusammenbrüche handlungsunfähig. Damit ergibt sich die Gelegenheit, auch Moskau anzugreifen. Jeden Tag haben wir hunderte Anfragen für die Aufnahme in unsere Reihen und prüfen jede Kandidat:in sehr sorgfältig. Aus diesem Grund wächst die Zahl unserer Einheit sehr langsam. Zum jetzigen Zeitpunkt ist das allerdings unproblematisch“, versichert Oleksiy. Vladyslav Seleznyov ist ein ukrainischer Militärexperte und ehemaliger Sprecher des Generalstabs der Ukraine. Er geht von großen Herausforderungen für die Streitkräfte aufgrund der militärischen Situation in der Region Belgorod aus. Schließlich sei eine relativ kleine Gruppe leicht bewaffneter Soldaten in der Lage, die Gegebenheiten der Grenzregion zur Ukraine ernsthaft zu verschärfen, wie er gegenüber der Katapult Ukraine erklärt. "Alle russischen Personen müssen verstehen, dass der Krieg im eigenen Zuhause angekommen ist und es derzeit keinen sicheren Ort in Russland gibt." Seleznyovs Verwandte in Belgorod berichten bereits davon, dass Stimmen im Ort laut werden, die sagen: “Putin, mach was, rette die Situation”.  Laut ihm haben reguläre Einheiten der russischen Armee es nicht eilig, sich in die Prozesse in der Oblast Belgorod einzumischen.  „Von Freunden in der RFK weiß ich, dass es selbst im russischen Militär immer mehr Sympathisanten gibt. Es würde mich nicht wundern, wenn dies in Zukunft zu einer Verstärkung der Anti-Putin-Stimmung auf ziemlich ernsten Niveau führen würde“, schließt Seleznyov. Präsident Putin äußerte sich bereits mehrfach zu den Ereignissen in der Region Belgorod zu Wort. Bei einem Treffen mit den sogenannten Warlords am 13. Juni erklärte er, dass die Razzien in der Region Belgorod angeblich mit dem Wunsch der Ukraine zusammenhängen, die Besatzungstruppen von „den entscheidenden Richtungen“ abzulenken. Bereits drei Tage später – am 16. Juni – erklärte Putin auf dem St. Petersburger Internationalen Wirtschaftsforum, die Angriffe rund um die Region Belgorod zu einem Versuch, Moskau zu ernsthaften Vergeltungsmaßnahmen zu provozieren.  „Alle warten nur darauf, dass wir anfangen, Knöpfe zu drücken. Die Notwendigkeit besteht für uns jedoch nicht“, versichert der russische Präsident. Derzeit gibt es keine Kampfhandlungen in der Region Belgorod. Die Legion kontrolliert derzeit keine Siedlungen auf russischem Gebiet. Es gibt jedoch noch Aufklärungsgruppen, nur nicht in der Region Belgorod, sagt Baranovskiy. "Die Legion bereitet sich derzeit auf einen neuen Angriff vor, der bald stattfinden soll. Unsere Hauptaufgabe besteht darin, die neu eingehenden Beitrittsanträge zu bearbeiten. Dadurch, dass wir die Stärke unserer Einheiten erhöhen, können wir damit wesentlich komplexere Aufgaben lösen. Dafür brauchen wir vor allem Zeit - sowohl für die Rekrutierung als auch für die weitere Ausbildung. Es vergehen Monate, bevor die Rekruten einsatzfähig sind. Die militärische Operation in der Region Belgorod wird von uns weitergeführt werden. Und nicht nur dort", schließt Oleksiy Baranovskiy.