Zum Inhalt springen

Wahlen in den USA

Wohin geht die Reise?

Von

Artikel teilen

Es wirkt ein wenig, als würde die Menschheit von einer Schicksalswahl in die nächste stolpern. Die Wahlen in den USA zählen dabei stets zu den folgenschwersten, handelt es sich doch immer noch um den mächtigsten und einflussreichsten Staat der Welt. Die Frage, wer die Militärmacht Nummer eins als Oberbefehlshaber anführt, hat immer geopolitische Folgen. Schon seit den Obama-Jahren wenden sich die USA eigentlich vermehrt dem Pazifik zu, haben dort auch die meisten ihrer Auslandstruppen stationiert. Doch die Weltpolitik zog das amerikanische Interesse zuletzt wieder vermehrt nach Europa und Nahost. Was bedeutet die Wahl für die dortigen Konflikte?

UKRAINE

Das Versprechen Donald Trumps, den Ukrainekrieg binnen 24 Stunden zu beenden, sorgt für Kopfschütteln unter Experten und Sorgenfalten in Kyjiw. Er will die Kriegsparteien nämlich an den Verhandlungstisch zwingen, um einen seiner berühmten Deals zu erwirken. In Kyjiw geht die Angst um, dass Trump, um des „Friedens“ willen, den Hahn für die finanzielle und militärische Unterstützung der Ukraine zudreht, in der Hoffnung, dass dies die ukrainische Bereitschaft zur Abtretung von Gebieten erhöht. Dadurch würden womöglich die Waffen schweigen, Wladimir Putins Expansionskrieg aber belohnt werden. Dabei sprechen US-Militärstrategen eigentlich davon, dass die (im Verhältnis zum gesamten US-Verteidigungsbudget geringen) Kosten für die Unterstützung Kyjiws gut investiertes Geld sind, ganz unabhängig von der Tatsache, ob es das moralisch Richtige ist oder nicht.

Präsident Wolodymyr Selenskyj dürfte jedenfalls hoffen, dass im Falle eines Trump-Sieges Option zwei eintritt. Dies könnte maximaler Druck auf Putin sein, etwa das Versprechen, dass man – abseits von Atomwaffen – der Ukraine alles Notwendige für einen Sieg zur Verfügung stellt und Russland dadurch zur Einsicht zwingt, dass der Krieg nicht zu gewinnen ist. Trotz des relativ guten Verhältnisses von Selenskyj zu beiden großen US-Parteien sprechen die mindestens sieben Telefonate Trumps mit Putin nach Ende seiner Amtszeit sowie Trumps despektierliche Aussagen über den ukrainischen Präsidenten aber eher für Option eins.

Von Kamala Harris wäre eine fortbestehende Unterstützung der Ukraine zu erwarten. Ob und wie sie sich von ihrem Vorgänger Joe Biden in dieser Angelegenheit abzugrenzen gedenkt, ist unklar. Sie will den Sieg der Ukraine. Wird sie bereit sein, die dafür notwendigen Waffen zu liefern, um den aktuellen Vormarsch der Russen zu stoppen?

NAHOST

Trump wurde in der Vergangenheit von Israels Premier Benjamin Netanjahu als „der größte Freund, den Israel im Weißen Haus je hatte“ gerühmt. Die Gründe fanden sich in der Verlegung der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem, aber auch in den Abraham-Abkommen, die eine Normalisierung der Beziehungen vieler arabischer Länder zu Israel zur Folge hatten. Trumps Äußerungen zur aktuellen Kriegsführung sprechen eine klare Sprache: Der Ex-Präsident will, dass der Krieg möglichst schnell beendet wird. Israel rief er auf, „zu beenden, was man begonnen hat“. Er kritisierte Biden dafür, dass dieser Israel gewisse Restriktionen auferlegte, was etwa das Vorgehen im Gazastreifen, die Bodenoffensive im Libanon und die Vergeltungsschläge gegen den Iran anbelangt. Privat soll Trump Netanjahu kürzlich gesagt haben, dass der Krieg vorbei sein soll, ehe er ins Weiße Haus einziehe.

Die Verteidigung Israels gegen Angriffe terroristischer Gruppen ist freilich auch bei den Demokraten unumstritten. Vizepräsidentin Harris hat bereits betont, dass sie Israel weiter mit Waffen beliefern wird, wenngleich es innerhalb ihrer Partei deutlich prominentere und lautstarke Kritik an der Art des israelischen Vorgehens gibt. Diese kam auch von Harris selbst, die das Leid der Zivilbevölkerung immer wieder thematisierte. Im Wahlkampfendspurt versuchte die Harris-Kampagne den Spagat, indem sie beides betonte: Israels Recht, sich zu verteidigen, und das Leid, das es mit seiner Art der Kriegsführung verursacht. Je nach Zusammensetzung der Bevölkerung am jeweiligen Ort wurden von den Demokraten unterschiedliche Werbespots ausgespielt. Übergreifendes Thema war dabei stets die Beendigung des Krieges. Einen konkreten Plan legte Harris dafür jedoch nicht vor.

Neueste Artikel

Wohin geht die Reise?

Ein schneller Deal für den Weltfrieden? So viele Waffen, dass Putin einen Rückzieher macht? Eine weitere Eskalation in Nahost? Der Ausgang der US-Wahlen wird geopolitisch spürbar sein.

Bereitet sich Pjöngjang auf einen Krieg vor?

Das totalitäre Regime von Kim Jong-un verabschiedet sich von einer Normalisierung mit den USA und der Idee der Wiedervereinigung mit dem Süden. Russland unterstützt es sogar mit Soldaten bei dessen Ukraine-Feldzug.

Marokko will den Atlantik erobern

Das Königreich in Nordwestafrika schmiedet mächtige Allianzen und will den Staaten der Sahelzone einen Zugang zum Meer ermöglichen. Während sich Nachbar Algerien zusehends abschottet, öffnet sich Marokko, diversifiziert seine Wirtschaft und baut seine Macht aus.