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Indischer Wahlkampf

Ein wahltaktischer Inselstreit als Vorbote größerer Konflikte?

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Grenzkonflikte können sich an verschiedensten Themen entzünden. Manchmal ist es auch nur eine nationale Wahl, in der eine Partei Stimmung machen will. Im konkreten Fall fordert Indien neuerdings eine Insel von Sri Lanka zurück, die man bereits 1974 eigentlich an das befreundete Sri Lanka abgegeben hatte. Narendra Modi kämpft aktuell um seine Wiederwahl. Und weil seine hindunationalistische Regierungspartei BJP (Bharatiya Janata Party) im südlichen Bundesstaat Tamil Nadu aufgrund lokaler Opposition für gewöhnlich nicht so gut performt, hat Modi nun den Streit um die Insel Kachchatheevu für sich entdeckt. Der Verlust schmerzt Teilen der Bevölkerung Tamil Nadus sehr und mit Emotionen lässt sich nunmal gut Wahlkampf machen.

Kachchatheevu ist jedenfalls unbewohnt. Die Insel ist lediglich 1,6 Kilometer lang und 300 Meter breit. Bis auf eine katholische Kirche, die dem Heiligen Antonius geweiht ist, gibt es kein nennenswertes Bauwerk auf dem Eiland. Nur einmal jährlich, bei einem Pilgerfest zu Ehren des Schutzpatrons der Fischer, Antonius, kommen einige Tausend Menschen auf die Insel. Indische Flaggen sind dann streng verboten. Immer wieder nutzen Menschen das Festival für illegale Grenzübertritte in beide Richtungen. Weiterhin legal betreten dürfen die Insel jedoch indische Fischer, das ist in Verträgen geregelt. Und die Fischereirechte rund um die Insel wären tatsächlich eine der wenigen geopolitischen Aspekte, warum sich ein Aufwärmen des Konflikts überhaupt lohnen könnte. Ganz prinzipiell hat Indien in fast allen Ecken seines Landes jedoch weitere Grenzkonflikte, bei denen es um weit mehr geht – wirtschaftlich wie geopolitisch.

Für das kleine Sri Lanka ist der geopolitische Mini-Konflikt aber womöglich ein Vorbote für noch größere in der Zukunft. Denn gut möglich, dass sich Sri Lanka bald noch intensiver im Powerplay von Großmächten wiederfindet. Mit den Quad, den vier mächtigen Mitgliedern des Quadrilateral Security Dialogues, bestehend aus Indien, Japan, Australien und den USA auf der einen Seite und China auf der anderen, dürfte im Indischen Ozean das geopolitische Tauziehen in den kommenden Jahrzehnten eher intensiver als entspannter werden.

Zwar ist das Aufkommen großer Frachter in der Pulkstraße, die Indien von Sri Lanka trennt und wo auch die Insel Kachchatheevu liegt, nur gering. Vor allem entlang der Südflanke Sri Lankas führt aber eine der bedeutendsten Schiffsverkehrsrouten der Welt vorbei. Und ausgerechnet dort hat sich China im Hafen Hambantota ein umstrittenes Nutzungsrecht bis 2116 gesichert. Neben dem Eindringen indischer Fischerboote in die sri-lankischen Hoheitsgebiete, war man in Sri Lanka zuletzt aber auch über den richtigen Umgang mit chinesischen Forschungsschiffen uneins. Einstweilen erkaufte man sich mit einem einjährigen Moratorium für die Anlandung aller Forschungsschiffe etwas Zeit. Schon bald wird man aber auch hier die Karten offenlegen müssen.

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